Russland / Belarus – Sanktionen 2022: Entgegennahme von Zahlungen oder Lieferungen aus Russland / Belarus?

Wie bereits ausführlich in unserem Legal Update vom 22.03.2022 berichtet, hat die EU aufgrund der groß angelegten militärischen Aggressionen Russlands gegenüber der Ukraine (Russisch-Ukrainischer Krieg), ihre erstmals mit 1. August 2014 gegen Russland verhängte Wirtschaftssanktion, ab 23. Februar 2022 kontinuierlich ausgebaut bzw. verschärft (zuletzt am 15. März 2022 mit dem „vierten Sanktionspaket“). Die bereits bestehenden Sanktionen gegen Belarus wurden analog zum Sanktionsregime gegenüber Russland erheblich ausgeweitet.

Die aktuellen Sanktionen beinhalten unter anderem personen-/organisationsbezogene, güterbezogene und kapitalmarktbezogene Sanktionen. Hier finden Sie nochmals unseren kurzen und aktuellen Überblick zu den wichtigsten Sanktionen, der laufend upgedatet wird:

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Im Zusammenhang mit den personen-/organisationsbezogenen Sanktionen wird oftmals die Frage aufgeworfen, ob, im Rahmen von vor dem 23. Februar 2022 geschlossenen Verträgen, Zahlungen bzw. Lieferungen sanktionierter Personen oder Organisationen aus Russland / Belarus entgegengenommen werden oder an diese erfolgen können. Auch von gelisteten Personen gehaltene oder kontrollierte Organisationen oder Einrichtungen sind nämlich von den Sanktionen umfasst.

Unter folgendem Link finden Sie eine Liste der Personen und Organisationen, die Sanktionen unterliegen: https://www.opensanctions.org/datasets/eu_fsf/

Insbesondere folgende Sanktionen sind in diesem Zusammenhang näher zu betrachten:

  • Einfriergebot: Sämtliche Gelder und wirtschaftliche Ressourcen gelisteter Personen werden eingefroren. Wirtschaftliche Ressourcen meint Vermögenswerte jeder Art, unabhängig davon, ob sie materiell oder immateriell, beweglich oder unbeweglich sind, bei denen es sich nicht um Gelder handelt, die aber für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können (vgl. Artikel 2 Abs. 1 VO (EG) 269/2014).
  • Bereitstellungsverbot: Sanktionierten Personen dürfen keine Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen (unmittelbar oder mittelbar) zur Verfügung gestellt werden oder zu Gute kommen (vgl. Artikel 2 Abs 2 VO (EG) 269/2014). Für Forderungen im Zusammenhang mit Verträgen und Transaktionen, deren Erfüllung bzw. Durchführung von den Sanktionen betroffen sind, bedeutet dies ein Erfüllungsverbot (vgl. Artikel 11 VO (EG) 269/2014).

Es gibt jedoch einige Ausnahmen von dem entsprechenden Verbot, unter anderem für frühere Verträge, bei denen eine Zahlung einer aufgeführten Person aufgrund eines abgeschlossenen Vertrags oder einer abgeschlossenen Vereinbarung oder einer Verpflichtung fällig ist, die vor dem Datum entstanden ist, an dem diese Person in Anhang I aufgenommen wurde, und sofern die Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen für eine Zahlung durch die gelistete Person verwendet werden und die Zahlung nicht an oder zugunsten einer gelisteten Person erfolgt (vgl. Artikel 6 VO (EU) 269/2014).

ACHTUNG: Die Inanspruchnahme von Ausnahmen kann jedoch nicht autonom beurteilt werden, sondern unterliegt einer Genehmigungspflicht durch die zuständige Behörde des jeweiligen Mitgliedstaates.

Im Bereich internationaler Finanzsanktionen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Einfrieren oder der Freigabe von Geldern sanktionierter Personen (Freigabegenehmigungen), übt die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) die Funktion der zuständigen Behörde aus. Die gesetzliche Grundlage in Österreich bildet dabei das Sanktionengesetz 2010 (SanktG 2010) und Devisengesetz 2004.

Sie haben Fragen zu den aktuellen EU-Sanktionen und/oder benötigen Unterstützung bei der Erstattung etwaiger Freigabeanträge an die OeNB? Wir beraten Sie gerne!