E+H erwirkt Aufhebung des datenschutzrechtlichen Medienprivilegs beim VfGH

E+H vertritt ein Tiroler Unternehmen und dessen Gesellschafter bei der Beschwerde an die Datenschutzbehörde. Gegenstand der Beschwerde war die Verweigerung der Auskunft und der Löschung personenbezogener Daten durch zwei österreichische Medienhäuser. Die Datenschutzbehörde verweigerte die Behandlung und wendete das sogenannte Medienprivileg in § 9 Abs 1 des österreichischen Datenschutzgesetzes (DSG) ein. Dieses besagt, dass Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken durch Medienunternehmen gänzlich von den Bestimmungen des DSG sowie zahlreichen Kapiteln der DSGVO ausgenommen sind.

Dagegen wandten sich das Tiroler Unternehmen und dessen Gesellschafter – vertreten durch E+H Rechtsanwälte – an das Bundesverwaltungsgericht und regten eine Gesetzesprüfung durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) an. Dies erfolgte mit der Begründung, dass es verfassungswidrig ist, Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken durch Medienunternehmen ohne jegliche Differenzierung von den Bestimmungen des DSG auszunehmen. Dieser Argumentation folgte nun auch der VfGH. Eine solche datenschutzrechtliche Branchenausnahme ist nach dem Höchstgericht nur zulässig, wenn dies aufgrund der Besonderheiten der journalistischen Tätigkeit zwingend erforderlich ist. Der generelle Ausschluss der Anwendbarkeit sämtlicher datenschutzrechtlicher Regelungen inhaltlicher und verfahrensrechtlicher Natur ist jedoch unzulässig – dies ungeachtet der Stellung von Medien als „public watchdog“ in einer demokratischen Gesellschaft und der (Sonder-)Regelung des Art 85 Abs 1 DSGVO, der den Schutz personenbezogener Daten mit dem Recht der freien Meinungsäußerung, der Informationsfreiheit sowie der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken in Einklang bringen soll.

Der VfGH hebt hervor, dass der Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen (hier: der Medienunternehmen und der Öffentlichkeit) notwendig ist. Der Gesetzgeber ist also stets dazu angehalten, eine Abwägung zwischen dem Interesse des Betroffenen am Schutz seiner personenbezogenen Daten und den gegenläufigen berechtigten Interessen eines anderen vorzusehen. Da das datenschutzrechtliche Medienprivileg diese Anforderungen nicht erfüllt, ist diese Gesetzesbestimmung verfassungswidrig. Die Aufhebung dieser Bestimmung tritt mit Ablauf des 30. Juni 2024 in Kraft. Bis dahin hat der Gesetzgeber Zeit, eine entsprechend differenzierte Neuregelung zu treffen.

Künftig werden für Medienunternehmen somit ähnliche Anforderungen an die interne Organisation, Dokumentation und technische Sicherung der verarbeiteten Daten gelten wie für Unternehmen aller anderen Branchen. Wenngleich die Reparatur des Gesetzes abzuwarten bleibt, werden sich Medienunternehmen also in den kommenden Monaten intensiver als bisher mit der Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben befassen müssen. Eine pauschale Ausnahme, wie durch das nun für verfassungswidrig erachtete Medienprivileg, wird der Gesetzgeber wohl nicht mehr vorsehen.

E+H Team

Dr. Helmut Liebel (Partner, IP/IT), Mag. Ulrike Sehrschön (Partnerin, Öffentliches Recht), Mag. Maximilian Kröpfl (Rechtsanwaltsanwärter, IP/IT), Titus Kahr, LL.M. (Rechtsanwaltsanwärter, Öffentliches Recht)

Kontakt E+H

Dr. Helmut Liebel
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E+H Rechtsanwälte GmbH
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Zuletzt aktualisiert: 09.01.2023