Für Markenanmeldungen waren Slogans lange ein heikles Thema: Sie wurden häufig als reine Werbung verstanden, als zu austauschbar eingestuft und nicht als ausreichender Herkunftshinweis angesehen. Die am 8. November 2025 verabschiedete Leitlinie des European Union Intellectual Property Network (EUIPN) stellt nun klar: Slogans sind keinen strengeren Prüfungskriterien ausgesetzt als andere Marken – sie müssen nur genug Unterscheidungskraft besitzen.
Mit der Leitlinie “The Distinctive Character of Slogans” führt das EUIPN – das Kooperationsnetzwerk des EUIPO und der nationalen Markenämter der EU-Mitgliedstaaten – erstmals europaweit einheitliche Kriterien für die Prüfung von “Slogan-Marken” ein. Ziel ist eine harmonisierte Praxis und mehr Rechtssicherheit.
Wann ist ein Slogan unterscheidungskräftig?
Ein Slogan ist unterscheidungskräftig, wenn er über die bloß werbliche Aussage hinaus auch als Herkunftshinweis verstanden werden kann – wenn er also geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von jenen anderer zu unterscheiden.
Die Beurteilung erfolgt anhand einer nicht abschließenden Liste von Faktoren:
- Mehrdeutigkeit – Der Slogan hat mehrere Bedeutungsebenen, die zum Nachdenken anregen.
- Wortspiel – Kreative Verwendung von Sprache, die über die wörtliche Bedeutung hinausgeht.
- Konzeptionelle Spannung oder Überraschungseffekt – Unerwartete Kombinationen oder Gegensätze, die Aufmerksamkeit erzeugen.
- Originalität oder Resonanz / Auslösung eines kognitiven Prozesses – Der Slogan erfordert gedankliche Auseinandersetzung und bleibt im Gedächtnis.
- Ungewöhnliche syntaktische Strukturen – Abweichungen von der normalen Satzstruktur.
- Sprachliche Stilmittel – Alliterationen, Metaphern, Reime, Paradoxa oder andere rhetorische Figuren.
Maßgeblich ist eine Gesamtbetrachtung – kein Einzelkriterium entscheidet allein. Die Länge eines Slogans ist kein Kriterium, das isoliert betrachtet ausschlaggebend ist.
Beispiele für schutzfähige Slogans:
- "BEAUTY NEEDS TO TRAVEL" – mehrdeutig und kontextabhängig interpretierbar, weil "beauty" und "travel" in ungewöhnlicher Weise kombiniert werden und eine gedankliche Auseinandersetzung erfordern.
- "AS GREEN AS WHITE CAN BE" – ein Oxymoron, das einen interpretativen Denkprozess auslöst und nicht unmittelbar beschreibend wirkt.
- "WHAT DO CLOUDS SMELL LIKE?" – keine unmittelbare Beschreibung der Dienstleistung, sondern Auslösung eines kognitiven Prozesses.
- "LOOSEN UP IN THE CLOUDS" – metaphorische Sprache mit interpretativem Aufwand und eigenständiger Wirkung.
Beispiele für nicht schutzfähige Slogans:
- "DREAM IT, DO IT!" – eine rein motivationale Aussage, die den Verbraucher zur Verwirklichung seiner Ziele auffordert, jedoch keine originelle Struktur oder gedankliche Spannung aufweist.
- "PIONEERING FOR YOU" – ein bloßes Wertversprechen, das technische Fortschrittlichkeit suggeriert, dabei aber als typische Werbeformel ohne herkunftshinweisende Funktion verstanden wird.
- "CREATE DELIGHTFUL HUMAN ENVIRONMENTS" – eine klar verständliche, anpreisende Aussage, die lediglich positive Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen hervorhebt.
- "SO WHAT DO I DO WITH MY MONEY" – ein kundenbezogenes Service-Statement, das lediglich eine alltägliche Fragestellung widerspiegelt und keine Unterscheidungskraft entfaltet.
Warum ist die neue Leitlinie wichtig?
Die EUIPN-Common-Practice sorgt erstmals für eine europaweit harmonisierte markenrechtliche Entscheidungspraxis. Für Unternehmen schafft das mehr Planbarkeit und eine verlässlichere Einschätzung, wann sich die Investition in eine Slogan-Marke lohnt. Gleichzeitig wird die zielgerichtete Entwicklung von Slogans einfacher, weil klarer ersichtlich wird, welche Merkmale für Schutzfähigkeit ausschlaggebend sind.
Wir unterstützen Sie gerne – sei es bei der strategischen Beratung zur Entwicklung unterscheidungskräftiger, schutzfähiger Slogans, beim Sparring zu konkreten neuen Slogans, bei der Anmeldung und Durchsetzung von “Slogan-Marken” etc.

